Gespräch mit Ursula Waldmüller

Warum wurde das Areal verkauft? Welche Bedingungen gibt es für die alpha Gruppe? Was passiert mit der Villa und der Kärwa. Dazu wurde Frau Ursula Waldmüller, stellvertretend für die Vorbesitzer, zum Gespräch eingeladen.

Stefan Jablonka: Warum verkaufen Sie das Areal, das seit 1865 im Familienbesitz ist?

Ursula Waldmüller: Nachdem die alte Ziegelei schon im Jahr 1928 den Betrieb eingestellt hatte, wurde sie im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Danach ging das Areal in einen Dornröschenschlaf über und wurde eigentlich nur noch verwaltet. Wir wollen, dass dort wieder eine neue Lebendigkeit Einzug hält.


J: Wie kam der Kontakt zu Herrn Schmelzer und seiner alpha Gruppe zustande?


W: Eine befreundete Architektin stellte uns einander vor. Wir hatten zuvor auch mit anderen Personen Gespräche geführt. Es war dann eine intuitive Entscheidung. Auch, weil wir von Anfang an einen guten Draht zueinander hatten.


J: Was gab für die Entscheidung den Ausschlag?


W: Es war uns immer klar, dass wir jemanden brauchen, der ein Gespür für einen Ort hat. Weil dieser Ort in Boxdorf eben auch eine Geschichte hat. Und es ist ein großes Quartier. Deshalb wollten wir auch niemanden, der nur damit anfängt, ein Haus neben das nächste zu bauen, sondern jemanden, der den Mut hat, ein Quartier auch zu entwickeln.


J: Wie man Brachflächen wieder zum Blühen bringt, hat die alpha Gruppe seit den 1980er Jahren wiederholt erfolgreich gezeigt.


W: Wir sind deshalb auch davon überzeugt, dass Herr Schmelzer niemandem mehr etwas beweisen muss. Und wir dachten uns, dass er solch ein Projekt auch nur übernimmt, wenn er es selbst spannend findet. Außerdem ist Herr Schmelzer mit unseren mehrfach überarbeiteten Vorstellungen sehr geduldig umgegangen.


J: Das heißt, sie haben das Gelände nicht einfach so verkauft, sondern Bedingungen daran geknüpft?


W: Ja, es soll nicht nur gebaut werden, zu was man nach heutigem Stand gesetzlich verpflichtet ist, sondern zukunftsorientiert und unter sozialen sowie ökologischen Gesichtspunkten. Nach Möglichkeit soll auch ein Teil des alten noch stehenden Ziegeleigebäudes erhalten bleiben. Das wurde einst aus dem Lehm vor Ort erbaut und hat in gewisser Weise auch einen identitätsstiftenden Charakter für die Menschen in Boxdorf. Und wenn man schon viel Neues baut, soll es möglichst auch etwas geben, was Bestand hat. Gerade für Menschen, die sich mit Veränderungen schwertun.


J: Apropos Veränderung und Identität: Was geschieht mit der Villa, die für viele Boxdorfer ja längst zum Ortsbild dazugehört?


W: Sie bleibt natürlich stehen und im Familienbesitz.


J: Momentan gibt es auch noch einen Verein und ein Unternehmen auf dem Areal. Was geschieht mit ihnen?


W: Für die Bogenschützen haben wir bereits ein Ausweichquartier in der Schmalau gefunden. Und dem Schwimmbad Starke bauen wir auch ein neues Zuhause. Es ist uns auch wichtig, dass alle Mieter wieder gut unterkommen.


J: Es läuft bislang also alles nach Ihren Vorstellungen?


W: Wir vier Geschwister haben uns mit unserer Tante, mit ihr bilden wir eine Erbengemeinschaft, und anfangs noch mit meiner im letzten Jahr verstorbenen Mutter intensiv darüber ausgetauscht. Wir haben uns sehr viele Gedanken darüber gemacht, was wir wollen. Und wir sind davon überzeugt, dass wir das Areal in gute Hände geben, die unsere Ideen aufgreifen.


J: Können Sie etwas über diese Ideen verraten?


W: Man hat ganz selten die Möglichkeit, mitten im Dorf nachträglich noch einmal einen richtigen Ortskern zu schaffen. Es soll ein Zentrum für Boxdorf werden, das ansprechend ist. Vielleicht wird es ja ein Quartier mit innovativem Modellcharakter. Denn dieser zentrale Bereich hat mehr Potenzial, als nur ein Schotterparkplatz zu sein.


J: Viele Einwohner machen sich Sorgen vor allem um die Kärwa. Was wird aus ihr?


W: Wir können verstehen, dass sich manche ein paar Sorgen machen. Wir haben Teile des Gebiets über viele Jahre für die Öffentlichkeit zugänglich gehalten. Sicherlich ist dabei das Gefühl entstanden, dass der Platz den Boxdorfern gehört. Deshalb ist es uns auch wichtig, dass nach dem Verkauf des Geländes der Kärwa dort weiterhin ausreichend Platz geboten wird.

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